Porzellan aus China, Zucker aus Amerika und Sklaven aus Afrika: Die Kunst der Renaissance und des Barock reflektiert die Folgen des internationalen Handels und der beginnenden Kolonialisierung.
Zahlreiche Gemälde von berühmten Künstlern wie Veronese, Rembrandt, Rubens und Vermeer thematisieren den europäischen Blick auf die Welt, auf weite Reisen und internationalen Handel, auf neuen Wohlstand, aber auch auf Krieg, Unterdrückung und Sklaverei. Der Rundgang durch die Sammlung zeigt die unterschiedlichsten Momente der Globalisierung in der Kunst: Bilderrahmen aus brasilianischem Holz, Ölfarben aus amerikanischen Läusen und Afrikaner als Könige, Diener oder Sklaven.
Info: Führung in der Gemäldegalerie Alte Meister
Dauer: 1,5 Stunden
Termin: individuell
Preis: 45 € pro Person, Gruppenpreis (ab 4 Personen) 150 € (inkl. MwSt., zzgl. Museumseintritt)
Besucherinformation
Gemäldegalerie Alte Meister, Theaterplatz
Öffnungszeiten: Di-So, 10-17 Uhr. Änderungen an Feiertagen möglich.
Eintritt: 16 €, ab 10 Personen 14,50 €, unter 17 Jahre frei.
Impressionen der Führung

Porträt des Kurprinzen Friedrich August II. mit afrikanischem Diener.


Ein türckischer Teppich taucht häufig in Vermeers Malerei auf.

In Amsterdam gab es z.Zt. Rembrandts eine "black community."
Ein kleiner Exkurs
Welt im Wandel
Austausch, Aneignung und Transformation in der Kunst der Frühen Neuzeit
Die Zeit des 16. bis 18. Jahrhundert markiert eine Epoche tiefgreifender globaler Umbrüche. Mit der Entdeckung Amerikas 1492, der Ausbreitung des Kolonialismus, dem transatlantischen Handel, Missionierung und weltweiten Vernetzung veränderten sich nicht nur Politik und Wirtschaft, sondern auch das kulturelle Selbstverständnis Europas grundlegend. Doch wie spiegelte sich diese neue Weltordnung in der Kunst, insbesondere in der Malerei wider? In welchem Verhältnis standen Malerei und Globalisierung?
Die Malerei des 16. Jahrhunderts war unmittelbar von den epochalen Entdeckungsreisen geprägt. Durch die Berichte von Seefahrern wie Columbus, Magellan oder Vasco da Gama gerieten fremde Länder und Kulturen ins europäische Bewusstsein. Karten, Bestiarien, exotische Pflanzen, Tiere und Menschen tauchten in Gemälden, Illustrationen und Wandmalereien auf. Viele Künstler*innen integrierten Motive fremder Kontinente in ihre Werke: Papageien, Ananas, Tukane und andere bislang unbekannte Wesen fanden Eingang in Stillleben und Altarbilder – oft als Beweis göttlicher Schöpfungsvielfalt oder als Statussymbol für die Auftraggeber*innen, die ihren Reichtum und ihre Weltläufigkeit demonstrieren wollten.
Die Malerei wurde so zum Medium, über das sich die Vorstellung von einer „neuen Welt“ verbreitete und formte. Gleichzeitig offenbaren diese Darstellungen auch das eurozentrische und koloniale Machtgefälle: Fremde Völker wurden romantisiert, exotisiert oder als „anders“ inszeniert, was die eigene Überlegenheit und Herrschaftsideologie legitimieren sollte.
Globalisierung manifestierte sich nicht nur im Motivischen, sondern auch materiell: Neue Farbpigmente und Malutensilien kamen über Handelsrouten nach Europa. Ultramarin, das aus dem fernen Afghanistan stammende Lapislazuli, war bereits im Mittelalter ein begehrtes Gut. Doch mit der Expansion der Handelswege gelangten nun auch Krapplack aus Indien, Cochenille aus Südamerika (für leuchtendes Karminrot), Indigo aus Asien und Perlen, Elfenbein sowie exotische Hölzer nach Europa. Diese Materialien veränderten nicht nur die Farbpalette und Ausdrucksmöglichkeiten der Malerei, sondern hatten symbolische Bedeutung: Die Verwendung kostbarer Pigmente wurde zum Zeichen von Luxus und globaler Vernetzung.
Auch die Leinwand als Bildträger – im Gegensatz zum traditionellen Holz – setzte sich im 16. Jahrhundert zunehmend durch, da sie sich leichter transportieren ließ und sich dem internationalen Kunsthandel anpasste. Die Malerei wurde mobil, exportfähig und avancierte zu einer Ware im internationalen Austausch.
Zwischen 16. und 18. Jahrhundert erlebte Europa eine Faszination für das Fremde. „Turquerien“, „Chinoiserien“ und andere Formen der Moden orientierten sich an osmanischen, chinesischen und japanischen Stilelementen. In den höfischen Salons tauchten Porzellan, Seide, Lackarbeiten und exotische Pflanzen auf, die wiederum in Stillleben, Porträts oder Interieurs gemalt wurden.
Diese Aneignung war ambivalent: Einerseits spiegelte sie das Bewusstsein einer "vernetzten" Welt wider, andererseits blieb das „Fremde“ oft ein dekoratives Zitat, ein Accessoire im europäischen Kontext, dessen ursprüngliche Bedeutung und kulturelle Tiefe meist ignoriert oder neu gedeutet wurde. Chinesische Drachen oder indische Blumenmuster wurden zu Ornamenten, die von der eigenen Macht über globale Warenströme zeugten.
Auch die Darstellung von Menschen aus anderen Kontinenten fand ihren Weg in die europäische Kunst: „Hofmohren", asiatische Botschafter, indigene Fürsten oder die Darstellung der „Vier Erdteile“ in Allegorien wurden zu festen Bestandteilen des Bildrepertoires. Diese Darstellungen bewegten sich zwischen Bewunderung, Exotisierung und Stereotypisierung – und zeugen zum Teil von einem ambivalenten Umgang mit dem Anderen.
Doch dieser globale Austausch war stets ambivalent: Innovation und Aneignung, Bewunderung und Instrumentalisierung, Öffnung und Abgrenzung gingen Hand in Hand. Die Malerei der Frühen Neuzeit machte sichtbar, wie sehr kulturelle Identität im Austausch und Konflikt mit dem Fremden entsteht – und bietet damit auch für heutige Debatten über Globalisierung und Kunst einen reichen Reflexionsraum. Sie lehrt, dass Globalisierung nicht nur ökonomische, sondern auch ästhetische und soziale Prozesse umfasst, und dass das Bild der Welt immer auch ein Bild von uns selbst ist – im Wandel, im Dialog, in der Spannung zwischen Nähe und Ferne.
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