Geschichte der Gemäldegalerie Dresden
Vom kurfürstlichen Kunstkabinett zur internationalen Museumslandschaft
Die Gemäldegalerie Dresden, heute bekannt als Gemäldegalerie Alte Meister, blickt auf eine über dreihundertjährige, wechselvolle Geschichte zurück. Ihre Entwicklung ist untrennbar mit dem kulturellen Aufstieg Dresdens im 17. und 18. Jahrhundert sowie mit den politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen der folgenden Jahrhunderte verbunden. Aus bescheidenen Anfängen als kurfürstliche Kunstkammer entwickelte sich die Galerie zu einer der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei.
Die Ursprünge: Fürstliche Sammelleidenschaft
Die Wurzeln der Gemäldegalerie reichen zurück bis ins 16. Jahrhundert, als die sächsischen Kurfürsten begannen, Kunstwerke zu sammeln. Besonders unter August dem Starken (1670–1733) und seinem Sohn August III. (1696–1763), den Kurfürsten von Sachsen und Königen von Polen, erlebte die Sammlung ihren ersten großen Aufschwung. Sie erwarben aufwändig Meisterwerke der italienischen, niederländischen und deutschen Malerei, um ihren Hof zu repräsentieren und kulturelle Größe zu demonstrieren. Die Werke wurden zunächst in den Räumen des Dresdner Schlosses sowie im Stallgebäude, dem heutigen Johanneum, aufbewahrt und präsentiert.
Blütezeit im 18. Jahrhundert
Im 18. Jahrhundert gelangten durch gezielte Ankäufe zahlreiche herausragende Werke nach Dresden – darunter Raffaels berühmte "Sixtinische Madonna", Rembrandts "Ganymed" oder mehrere Altargemälde von Correggio. Diese Erwerbungen machten die Dresdner Gemäldegalerie europaweit berühmt. Die Galerieinspektoren, darunter Persönlichkeiten wie Christian Ludwig von Hagedorn, sorgten für eine wissenschaftliche Erschließung und Präsentation der Kunstwerke.
Die Galerie im 19. Jahrhundert: Öffnung für die Öffentlichkeit und neue Herausforderungen
Im Zuge der Aufklärung und eines wachsenden Bildungsbürgertums wurde die Galerie 1855 erstmals in einem eigenen Museumsbau am Zwinger öffentlich zugänglich gemacht. Die Sammlung wuchs weiter, doch bereits im 19. Jahrhundert zeigte sich das Problem des Platzmangels: Die Gemäldegalerie war auf die erste Etage mit großen Oberlichtsälen beschränkt, während die Kunst des 19. Jahrhunderts auf kleine Kabinette im zweiten Obergeschoss ausweichen musste.
Kriegsverluste, Teilung und Umbrüche im 20. Jahrhundert
Die beiden Weltkriege und die Bombardierung Dresdens 1945 stellten die Galerie vor existenzielle Herausforderungen. Zahlreiche Kunstwerke wurden ausgelagert, einige gingen verloren oder wurden beschädigt. Nach dem Krieg erfolgte eine Neuordnung: Die Gemäldegalerie Alte Meister konzentrierte sich auf europäische Malerei vom 15. bis zum 18. Jahrhundert, während moderne Kunst und Skulpturen in andere Häuser ausgelagert wurden. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 setzte ein Prozess grundlegender Veränderungen ein. Die Museumslandschaft wurde neu gestaltet, und die Gemäldegalerie erhielt im Zuge von Restaurierungen und Erweiterungen neue Präsentationskonzepte.
Die Gegenwart: Ein Haus für alte Kunst
Heute beherbergt die Gemäldegalerie Alte Meister im Zwinger Meisterwerke von Weltrang. Zu ihren Highlights zählen die "Sixtinische Madonna" von Raffael, Gemälde von Vermeer, Rembrandt, Rubens, Canaletto sowie die größte Sammlung von Correggio-Altargemälden weltweit. Seit der Wiedereröffnung nach umfangreichen Restaurierungen ist die Galerie nicht nur ein Ort der Bewahrung und Präsentation, sondern auch der Forschung und Vermittlung, etwa durch gläserne Ateliers oder Sonderausstellungen, wie sie für Correggios restaurierte "Madonna des heiligen Franziskus" geplant ist. Die Integration antiker Skulpturen, römischer Vasen und ägyptischer Mumien im Erdgeschoss sowie Renaissance- und Barockskulpturen in den Obergeschossen spiegelt das moderne Verständnis einer dialogischen Präsentation verschiedener Kunstgattungen wider.
Perspektiven und Herausforderungen
Die neue Museumslandschaft Dresdens unterscheidet sich deutlich von der Tradition des 19. Jahrhunderts. Während früher Malerei und Skulptur streng getrennt präsentiert wurden, fördert die heutige Konzeption den Dialog zwischen den Künsten. Das bietet neue Perspektiven, bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich: Die Skulpturensammlung ist auf mehrere Häuser und Städte verteilt, und sowohl die Gemäldegalerie Alte Meister als auch die Galerie Neue Meister leiden nach wie vor unter Platzmangel, insbesondere für die Präsentation moderner Kunst. Fünf Jahre nach der letzten großen Wiedereröffnung und 35 Jahre nach der Wiedervereinigung bleibt die Gemäldegalerie ein lebendiger Ort des Wandels, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbindet.
Die Geschichte der Gemäldegalerie Dresden ist somit ein Spiegelbild der europäischen Kulturgeschichte – geprägt von fürstlichem Sammelgeist, bürgerlicher Bildungsbegeisterung, Krieg und Zerstörung, Wiederaufbau und ständiger Erneuerung. Sie bleibt ein Ort, an dem die großen Meisterwerke der Kunst für kommende Generationen bewahrt und neu entdeckt werden können.